Passivhaus-Projektbericht
 

Raumluftqualität in Passivhäusern

Forschungsprojekt: "Messtechnische Evaluierung und Verifizierung der energetischen Einsparpotentiale und Raumluftqualität an Passivhäusern in Nürnberg." Das Projekt wurde gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und fand in Zusammenarbeit mit n-ergie, LGA Bayern, und der EnergieAgentur Mittelfranken statt. Der Bericht gibt eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse hinsichtlich möglicher Belastungen mit Schadstoffen und Mikroorganismen in vier Passivhäusen wieder.

Südansicht der Passivhäuser
Foto: Ansicht von Süden
Einführung
Vier zeit- und baugleich in massiver Bauweise errichtete Passivhäuser wurden wissenschaftlich über einen Zeitraum von zwei Jahren begleitet. Untersucht wurde dabei das energetisch Einsparpotential und die Qualität des Raumklimas. Die vier Häuser wurden in Kalksandstein mit Styropordämmung bzw. Zellulosedämmung erstellt. Die nähere Baustoffauswahl erfolgte nach ökologischen Gesichtspunkten, zum Teil nach vorherigen Labortests.

VOC
Flüchtige Organische Verbindungen (VOC) wurden in Form von Lösemitteln, Lösevermittlern, Reinigungsmitteln oder Mo-nomeren insbesondere während der Bauphase in die Gebäude eingebracht. Während der Nutzungsphase sind es die Einrichtungsgegenstände, Reinigungsmittel oder Kosmetika welche von den Bewohnern als VOC in Innenräume eingebracht werden.

Die Untersuchungen wurden mit Tenax als Probenahmeträger und Thermodesorption (GC-MS) durchgeführt. Bei der Bewertung der Gesamt-VOC-Belastung (TVOC) muss unterschieden werden zwischen unterschiedlichen VOC-Definitionen. Die in der VDI-Richtlinie 4300 Blatt 6 gegeben Definition des TVOC bezieht sich auf die chromatographische Analytik. Gemäß dieser Definition werden alle Substanzen unter die VOC gezählt, die in einem analytischen Fenster zwischen Hexan und Hexadekan liegen. Von den in der Analytik erfassten Substanzen liegt lediglich Aceton und Pentan nicht in diesem Definitionsbereich. Im Bundesgesundheitsblatt (B. Seifert, Richtwerte für die Innenraumluft, 3/99) wird ein Zielwerte für die Raumluft definiert. Dieser beschreibt die Größenordnung, die im langzeitigen Mittel nach Möglichkeit unterschritten werden sollten und wird mit einer Spanne von 200-300 µg/m3 festgelegt.

Die VOC-Summe ohne Pentan, wie sie üblicherweise betrachtet wird, liegt bei den durchgeführten Untersuchungen auch während der Neubauphase eher im unteren des zu erwartenden Bereiches, so dass sich die Auswahl der Baustoffe bezüglich einer Minimierung des Ausgasungspotentiales messtechnisch bemerkbar macht. Das Erreichen der Zielwerte bereits ein halbes Jahr nach Einzug im Juni/Juli 2000 lässt nach Erfahrung aus konventionellen Gebäuden, bei denen das Absinken deutlich langsamer geschieht, auf einen positiven Einfluss der Lüftungsanlage schließen.

Betrachtet man die Gesamtheit der flüchtigen Kohlenwasserstoffe, muss man das Pentan mitbetrachten. Pentan ist ein leicht-flüchtiger Kohlenwasserstoff mit einem Siedepunkt von 36°C, der als Treibgas für Polystyrol-Dämmschaum eingesetzt wird. Während der Bauzeit wurden z.T. extreme Raumluftkonzentrationen bis 100.000 µg/m3 gemessen. Diese sind auf die Emissi-onen aus der Polystyrol-Wärmedämmung zurückzuführen. Zu Beginn der Nutzungsphase zeigte sich Pentan jedoch zumindest für Gebäude mit Lüftungsanlagen als deutlich unproblematischer, weil im Durchschnitt Werte von unter 200 µg/m3 erreicht wurden. Dennoch leistet Pentan einen deutlichen Beitrag zur Gesamtbelastung der Raumluft mit flüchtigen organischen Ver-bindungen, so dass von Seiten der Hersteller versucht werden sollte, das Ausgasungspotential zu vermindern, zumal es keine toxikologische Daten über die Wirkungen von Pentan im Niedrigdosisbereich gibt. Zudem sollte der ökotoxikologische Aspekt nicht vernachlässigt werden.

Durch den Einsatz der Lüftungsanlage konnten die Schadstoff-Konzentrationen innerhalb weniger Monate (abhängig vom Einzug der Bewohner) auf ein raumlufthygienisch sinnvolles Maß reduziert werden. Ohne Lüftungsanlage wäre die Abklingkurve nicht so günstig ausgefallen. Es gilt festzuhalten, dass trotz des hohen Aufwands, der bei diesem Bauvorhaben zur Schadstoffminimierung betrieben wurde, immer noch relevante Mengen an Schadstoffen auftreten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei Standardgebäuden ohne Lüftungsanlage in vielen Fällen mit höheren Schadstoffgehalten gerechnet werden muss, als allgemein angenommen wird.

Fazit: Die Schadstoffkonzentrationen in Passivhäusern mit einer zentralen Lüftungsanlage (Luftwechsel von 0,5 bis 0,7 in den Aufenthaltsräumen) sind deutlich niedriger als die Schadstoffkonzentrationen in Häusern, welche mit vergleichbaren Baustoffen, aber ohne Lüftungsanlage errichtet wurden. Mögliche Fehler bei der Baustoffauswahl gehen so nicht zwangsläufig zu Lasten der gesundheitlichen Vorsorge der Bewohner.

Schimmelpilze
Die Fragestellung lautete: "Unterscheiden sich die Raumluftkonzentrationen von luftgetragenen Keimen in den Passivhäusern mit zentraler Lüftungsanlage und Erdwärmetauscher von den Konzentrationen konventioneller Häuser, welche über Fenster gelüftet werden?" Daher wurden zusätzlich Proben in einem Holzhaus, (errichtet nach AKÖH-Kriterien) mit dezentraler Lüftung (also ohne Lüftungskanäle, Filter und Erdwärmetauscher) durchgeführt.

Da das Ziel war, eventuelle Besonderheiten der Lüftungsanlage zu prüfen, wurde erst nach Einzug der Bewohner mit den Probenahmen begonnen. Vor dem Einzug wären, bedingt durch den Baustellenstaub, keine repräsentativen Werte zu erwarten gewesen. Die Probenahmen erfolgten im Innenraum bei laufender Lüftung, da dies ja den Normalzustand für die untersuchten Passivhäuser darstellt. Die Bestimmung der Sporenkonzentration durch Schimmelpilze in der Raumluft erfolgte nach den Richtlinien des Berufsverbandes Deutscher Baubiologen -VDB e.V. (VDB-Richtlinie Teil II C 1, August 1999).

Das verbreitete Vorurteil, Lüftungsanlagen würden möglicherweise mikrobielle Belastungen der Raumluft verstärken oder gar hervorrufen, konnte in den untersuchten Häusern nicht bestätigt werden. Die gemessenen Keimzahlen von Schimmelpilzen im untersuchten Vergleichshaus ohne zentrale Lüftungsanlage lagen tendenziell über denen der geprüften Passivhäusern. Dies ist mit dem bei der zentralen Lüftungsanlage eingesetzten Partikelfilter, welcher einen Teil der Pilzsporen aus der Außenluft zurückhält, erklärbar.

Fazit: Passivhäuser schneiden hinsichtlich der Keimzahlen eher besser ab als konventionelle Häuser. Im Erdreichwärmetau-scher konnten keine mikrobiellen Auffälligkeiten festgestellt werden. Allerdings werden die untersuchten Lüftungsanlagen praktisch nicht abgestellt. Ob bei Lüftungsanlagen, welche nur zeitweise betrieben werden, ähnlich gute Werte erzielt werden, ist noch zu prüfen.

Radon
Radongas (Radon-222) ist ein Zerfallsprodukt des Radium-226 und gelangt durch Diffusion aus dem Erdboden und/oder Emissionen auffälliger Baumaterialien in die Luft. Das Edelgas sammelt sich unter dem Haus und kann durch verschiedene Schwachstellen eindringen: Risse in Mauerwerk und Bodenplatte, Kabelkanäle und Rohrführungen, Lüftungs- und Lichtschächte.

Das radioaktive Radon ist als gesundheitlich besonders bedenklich einzustufen, weil es als unsichtbares, geruch- und geschmackloses Gas direkt in die Lunge gelangt und von dort die Lunge bestrahlt, sich in den Körperflüssigkeiten löst und sich so im ganzen Organismus verteilt. Die anfallenden radioaktiven Folgeprodukte können so unmittelbar im Körper entstehen. Durch die einwirkende Strahlung ist das Gesundheitsrisiko, insbesondere für Lungenkrebs, durch Radonbelastung stark erhöht. Nach statistischen Schätzungen kommt es allein in den alten Bundesländern jährlich zu 2000 - 6000 zusätzlichen Lun-genkrebstoten durch Radon. Die Frischluftzuführung der Lüftungsanlage der untersuchten Passivhäuser wird über einen Erdwärmetauscher geführt. Die Lüftungsanlage ist in diesem Fall die "einzige" Frischluftversorgung. Es ist deshalb wichtig zu überprüfen, ob das Radongas aus dem Erdreich in die Kanäle, welche aus Kunststoffen bestehen, eindringen kann und somit möglicherweise die Innen-raumluft belastet.

Vorgehensweise:
Mit zwei Langzeitaufzeichnungsgeräten für Radon (DOSEman Fa. Sarad, Dresden) wurde die Radon-Aktivitätskonzentration (Raumluft) in Bq/m3 simultan im Bereich der Frischluftzuführung und im Lagerraum gemessen. Der Lagerraum befindet sich im Souterrain, wird normal über Fenster gelüftet und verfügt über keine Verbindung zur Lüftungsanlage.

Zum Vergleich wurden - zwar nicht simultan, aber doch zeitnah - in einem konventionellen Einfamilienhaus mit Fensterlüftung und in einem denkmalgeschütztem Sandsteingebäude jeweils auf unterschiedlichen Etagen Messungen der Radonkon-zentration durchgeführt.

Der Verdacht, dass Radon durch die im Erdreich verlegte Luftzuführung (Erdwärmetauscher) der Lüftungsanlage vermehrt in den Innenraum gelangen könnte, hat sich nicht bestätigt. Jedoch sollte auch bedacht werden, dass es sich hierbei um punktuel-le Untersuchungen handelt, welche nicht pauschal auf alle Lüftungsanlagen übertragen werden kann. Fehler bei der Bauausführung können schnell zu gegenteiligen Effekten führen.

Fazit: Die Radonkonzentrationen in Passivhäusern sind durch den effektiveren Luftaustausch sogar eher niedriger als in kon-ventionellen Wohnräumen. Allerdings sollte dieser Faktor bei Lüftungsanlagen mit Erdwärmetauscher oder bodennahe Ansaugung der Frischluft regelmäßig überprüft werden.

Luftionen
In baubiologischen Kreisen, werden zentrale Lüftungsanlagen immer wieder kritisch betrachtet, weil befürchtet wird, dass sich die natürliche Luftionenkonzentration durch mechanisch aufbereitete Frischluftzuführung möglicherweise negativ verändert. Ziel war es daher zu prüfen, ob es Hinweise gibt, die diese Bedenken stützen könnten. Als Ionen werden elektrisch geladene Atome oder Moleküle bezeichnet. Sie entstehen aus ursprünglich elektrisch neutralen Teilchen durch Ionisation. Je nach der überwiegenden Polarität von Elementarladungen lassen sich negative Ionen, die einen Überschuss an Elektronen aufweisen, und positive Ionen, bei denen weniger Elektronen als Protonen vorhanden sind, unterscheiden.

Mit einem Langzeitaufzeichnungsgeräte für Luftionen (IM 5005), welches uns freundlicher weise von der Firma Holbach Umweltanalytik zur Verfügung gestellt wurde, konnte die Luftionenkonzentration als negative / positive Ionenladung pro cm3 im Bereich der Frischluftzuführung erfasst werden. Die eingesetzte Messtechnik erlaubte es, mit einem Gerät abwechselnd, von der Software gesteuert, die positive und negative Ionenladung des jeweils beprobten Luftstromes zu messen.

Ergebnis:
Die Luftionen, positive wie negative, bewegen sich im Raum zwischen 200 und 300 Ionenladungsäquivalente/cm3. Die La-dungsmenge ist zwischen den positiven und negativen Ionen ausgewogen, es gibt also keine Verzerrungen. Für Ionen in der Außenluft in einer Höhe von mehr als 300 m über Meeresspiegel, wie im aufgeführten Beispiel, sind bei normaler Witterung und ohne erhöhte Luftverschmutzung zwischen 200 und 300 Ionen/cm3 zu erwarten. Die Vergleichsmessung der Außenluft ergibt Werte von im Schnitt 200 Ladungsäquivalente /cm3.

Die exemplarischen Messungen der Luftionisation in zwei Passivhäusern ergaben, dass sowohl die quantitative als auch die qualitative Ionen-Zusammensetzung der Raumluft dort den Werten für konventionelle Häuser entspricht.

Fazit: Die untersuchte Lüftungsanlagen beeinträchtigen die Qualität der angesaugten Luft in keiner Weise. Auch nach bau-biologischen Kriterien unterscheidet sich hier die technisch aufbereitete Frischluft nicht von der unveränderten natürlichen Außenluft.